Der letzte Tag

Schon seltsam.

Ich erinnere mich noch ganz genau an den Tag, als ich meinen ersten Blogeintrag hier veröffentlichte. "92 Tage" - so lautete der Titel. Knappe drei Monate, die ich damals noch zu warten hatte; eine endlos lange Zeit, die - so kam es mir jedenfalls vor - nur quälend langsam vorübergehen würde.

Tja, mit der Zeit ist das eben so eine Sache. Auch wenn man das Gefühl hat, sie wolle nicht vorbeigehen, so ist sie doch im Nachhinein immer schneller als man es erwartet hätte.

Nun sitze ich also hier und tippe wohl am letzten Eintrag, den ich noch in der Schweiz verfassen werde. Was ich im Moment gerade fühle? Das ist so gut wie unbeschreibbar. Im Grunde genommen ist es nicht nur ein Gefühl, nein, es sind tausende von Gefühlen, vermischt mit allerlei Ängsten, Hoffnungen, Träumen und Sorgen, die gleichzeitig auf mich einwirken. Ein leichtes Ziehen in der Magengrube, ein nervöses Kribbeln in den Fingern und ein Kopf, der sich anfühlt, als wäre er mit Watte gefüllt: Das käme wohl am ehsten an dieses Mischmasch aus Gefühlen heran. Schon allein der Gedanke, dass ich donnerstags tatsächlich in den Flieger steigen und mich auf den Weg nach Japan machen werde, reicht, um in mir eine wahre Flut von Gefühlen auszulösen. Aber eigentlich ist es nicht das Fliegen, das mich nervös macht; das Ankommen und das Orientation Camp sehe ich im Moment auch noch recht gelassen. Vielmehr ist es - wie bereits im letzten Eintrag erwähnt - das Wissen, das ich meine Gastfamilie am Sonntag zum ersten Mal treffen werde. "Werde ich mich einleben können? Wie werde ich mich mit ihnen unterhalten können? Und werden sie mich überhaupt mögen?", sind wohl die Fragen, die sich jeder Austauschschüler in diesem Zusammenhang schon einmal gestellt hat. 

 Da ich eine Welcome Family habe, sieht die Sache für mich noch einmal anders aus, denn ich werde nach einem Monat die Familie wechseln müssen. Natürlich hoffe ich insgeheim trotzdem, dass ich länger bleiben kann, falls die Chemie stimmt. Zum Skifahren haben sie mich jedenfalls schon einmal eingeladen und nach den beiden Telefonaten und den Email-Konversationen sind sie mir auch schon richtig sympathisch geworden. Und falls es doch nicht klappt, dann erledigt sich das mit dem Wechseln ja gleich von alleine.

In genau einer halben Stunde fängt der neue Tag an. Ich habe noch kein Bedürfnis ins Bett zu gehen, auch wenn ich eigentlich recht müde bin. Schlafen kann ich seit Tagen nicht mehr: Abends dauert es Stunden, bis ich endlich wegdämmere, und morgens erwache ich bereits in aller Frühe. Ob es die Nervosität ist? Ich weiss es nicht. Vielleicht ist es auch einfach nur der Druck, dass ich eigentlich schon längst mit Packen hätte beginnen sollen und doch irgendwie noch keinen einzigen Schritt weitergekommen bin.

Der Mittwoch wird mein letzter, "richtiger" Tag in der Schweiz sein. Eigentlich sollte ich den ja geniessen, aber ich habe noch so viel zu tun, dass ich dazu wohl kaum kommen werde. Auf dem Plan steht vor allem packen und sich von den ersten Familienmitgliedern verabschieden. Donnerstags Morgen werden mich meine Eltern und meine zwei kleinen Geschwister zum Flughafen begleiten, wo ich um 13:00 Uhr gemeinsam mit den andern Austauschschülern abfliegen werde. 

"Ciao, Schwiiz", heisst es dann und "日本へようこそ" (Willkommen in Japan). Irgendwie kann ich immer noch nicht richtig fassen, was alles auf mich zukommen wird. Aber ich bin auf jeden Fall gespannt darauf...

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Kommentare: 1
  • #1

    Rahel und Elias (Donnerstag, 22 August 2013 21:06)

    Miär vermissäd dich jez scho!:**<3:'(