Ein aufregendes Wochenende

Letzte Woche durfte ich – wie eigentlich jede Woche – wieder einige interessante Erfahrungen in Japan machen. Der Höhepunkt davon war sicher das Wochenende, an dem ich dank meiner Austauschorganisation die schönsten Seiten meiner Präfektur, Miyagi, zu sehen bekam. Das war übrigens auch der Grund dafür, weshalb ich keinen neuen Blogeintrag hochladen konnte: Ich war viel zu beschäftigt diese paar Tage, als dass ich überhaupt Zeit gefunden hätte etwas Neues zu schreiben.

Freitag

Das Wochenende begann für mich bereits am Freitagmorgen. Weil meine Schule das Sportsfestival feierte, hatten wir an diesem Tag keinen normalen Unterricht. Dafür mussten wir uns morgens bereits in aller Frühe im Stadion von Sendai einfinden – das war der Ersatz für den Sportplatz, den meine Schule leider nicht hat. Nachdem ich nochmals rasch in die Schule zurückgekehrt war, um meine Turnschuhe zu holen, begann das Festival mit einer Runde Morgengymnastik. Die ganze Schule war auf dem Rasen versammelt und vorne zeigte eine Lehrperson irgendwelche Übungen vor, die wir dann – synchron, versteht sich – nachmachen sollten. Ich kann nicht behaupten, dass ich das tatsächlich gekonnt hätte, aber witzig war es auf alle Fälle... ;)

Das Stadion
Das Stadion

Anschliessend kamen wir alle in unseren Klassen zusammen und die Wettkämpfe begannen. Ich versuchte meine neuen Freunde so gut wie möglich beim Seilspringen, Rennen oder Seilziehen zu unterstützen, auch wenn sich das als schwierig herausstellte, weil mir natürlich niemand wirklich die Spielregeln erklären konnte. Beim Seilziehen gelang es uns dann tatsächlich einen Sieg zu erringen, was mich und meine Klassenkameraden noch enger zusammenschweisste und mir zum ersten Mal das Gefühl gab, wirklich so richtig dazuzugehören. :)

Samstag

Am Samstagmorgen war ich bereits früh wieder auf den Beinen. Die Leiterin meines Chapters in Miyagi kam mich und ein Mädchen aus Thailand, das hier einen Kurzaufenthalt verbringt, mit dem Auto abholen. Gemeinsam fuhren wir in den Norden Miyagis; auf's Land, wo es von Reisfeldern, sattgrünen Wäldern und alt-traditionellen japanischen Häusern nur so wimmelt. Es tat gut, wieder einmal aus Sendai und den endlos langen Häuserreihen herauszukommen und einen völlig anderen Teil von Miyagi zu sehen zu bekommen.

Ländliche Gegend in Miyagi
Ländliche Gegend in Miyagi

Unser erster Halt war eine alte Farm irgendwo auf einer abgelegenen Strasse im Nirgendwo. Dort trafen nun auch die andern Austauschschüler ein: Das Mädchen, mit dem ich am Anfang nach Sendai gekommen bin, und ein Student aus Spanien. Dieser hat vor 4 Jahren bereits ein Austauschjahr in Japan verbracht und ist nun zurückgekehrt, um hier an der Universität ein Austauschsemster zu verbringen.

Nachdem wir uns einander vorgestellt hatten, wurde uns erklärt, was wir hier nun machen würden: Das Herstellen unserer eigenen Soba-Nudeln. Soba ist ein traditionelles japanische Nudelgericht, das man sowohl kalt (im Sommer) als auch heiss (im Winter) essen kann. Ich persönlich ziehe die wärmere Variante vor, aber das ist wahrscheinlich Geschmackssache.

Auf jeden Fall stellte sich uns der Besitzer dieser Farm – ein älter, grauhaariger Japaner mit Oberarmen aus Blei – als Sensei (also Lehrer) zur Verfügung und unter seiner strengen Leitung schafften wir es tatsächlich, unsere eigenen Soba-Nudeln herzustellen. Wir waren natürlich alle sehr stolz auf uns und genossen die Nudeln beim anschliessenden Essen umso mehr.

Nach dieser interessanten Erfahrung ging es weiter zum Kokeshi-Museum. Kokeshi sind eine Art japanische Holzpuppen, die mit verschiedenen Verzierungen versehen sind, welche jede Puppe einzigartig machen. Dort durften wir unsere eigenen Kokeshi bemalen und anschliessend mit nach Hause nehmen. :)

Mein Kokeshi :) Kein Meisterwerk, aber für den ersten Versuch doch ganz akzeptabel, finde ich.
Mein Kokeshi :) Kein Meisterwerk, aber für den ersten Versuch doch ganz akzeptabel, finde ich.

 Irgendwann gegen Abend erreichten wir schliesslich unser Cottage, wo wir die Nacht verbringen würden. Den Rest des Tages gab es noch eine kleine Orientation über unser Leben in Japan – und den Winter. Ganz ehrlich: Ich habe beinahe laut losgelacht, als die Leiter uns erklären wollten, wie man hier den Winter überleben würde. Inzwischen aber habe ich festgestellt, dass die Besorgnis der Leiter um dieses Thema eigentlich mehr als berechtigt war. Japanische Häuser sind meistens nur einfach isoliert und geheizt wird sowieso selten, um Energie zu sparen. Deshalb muss ich bereits jetzt bei meiner Gastfamilie Zuhause mit dicken Pullovern und zwei Paar Socken herumlaufen. Wenn das im Winter so weitergeht, muss ich mich wohl jetzt schon von meinen Fingern und Zehen verabschieden... ;)

Sonntag

Am nächsten Tag ging es nach einem kurzen Morgenspaziergang zum Berg Zao, auf dessen Spitze sich ein unglaublich schöner See befindet. Leider aber war die Strasse zum Berg hoch so verstopft, dass unsere Leiter sich entschieden, in der Mitte umzudrehen. Gelohnt hat es sich trotzdem und wenn ich Glück habe, werde ich vielleicht eines Tages mit meiner Gastfamilie dorthin zurückkehren.

Die Gegend um Zao, einfach unglaublich schön!
Die Gegend um Zao, einfach unglaublich schön!

 Die letzte Station auf unserer Reise war erneut eine Farm, allerdings ziemlich anders als die erste. Im Grunde genommen gab es dort nur einen grossen Stall für die Tiere und eine riesige Wiese, die man betreten durfte. Wir picknickten also inmitten von Ziegen und Schafen, was auch einmal eine interessante Erfahrung war. Danach ging es wieder zurück nach Hause, wo ich meiner Gastfamilie begeistert von all meinen Erlebnissen erzählen konnte.

Unser Picknick-Platz
Unser Picknick-Platz

Wie ihr also lesen könnt, ist mir hier in Japan so gut wie nie langweilig – es läuft irgendwie einfach immer etwas; und sei es auch nur ein gemütlicher Fernsehabend mit meiner Gastfamilie. Es ist schon zwei Monate her seit ich hier angekommen bin und bis jetzt hatte ich zum Glück noch keine grösseren Krisen oder Probleme zu überwinden. Ich hoffe auf jeden Fall, dass es auch weiterhin so bleiben wird – denn dann wird dieses Jahr zweifelslos das beste Jahr meines Lebens werden. :)

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Kommentare: 2
  • #1

    Pa (Sonntag, 20 Oktober 2013 10:38)

    Hallo Evelyne, ihr seid wegen Stau (Autostau?!?) nicht auf den Berg gegangen. Ich habe gedacht, dass ihr auf den Berg spazieren wolltet oder habe ich etwas falsch verstanden?

  • #2

    evelynegoestojapan (Sonntag, 20 Oktober 2013 10:41)

    Hoi Pa, ja wir konnten wegen des Staus nicht hoch. Wir wollten eigentlich hochfahren (es gibt eine Art "Passstrasse"), aber das erwies sich dann eben als so gut wie unmöglich. Ich weiss nicht einmal, ob man überhaupt dort hinauf wandern könnte. ;)