Testwoche & Geburtstagsparty

Wie der Titel schon sagt, waren diese Woche Prüfungen angesagt; die finalen Abschlussprüfungen, um genau zu sein. Das Schuljahr in Japan endet im März und beginnt im April, was bedeutet, dass schon bald die langen Frühlingsferien vor der Tür stehen. Nicht etwas, worauf ich mich wirklich freue, um ehrlich zu sein. Mein Leben hier in Japan spielt sich eben doch zum grössten Teil in der Schule ab; das ist der Ort, wo ich meine Freunde treffe, wo ich Kendo üben kann und wo mein Japanisch ständig wieder auf die Probe gestellt wird. Auch wenn ich in den Ferien natürlich auch ab und zu etwas mit meinen Freunden unternehme, ziehen sich die freien Tage hier doch meistens etwas in die Länge - vor allem, wenn meine Gasteltern in dieser Zeit auch noch arbeiten müssen.

Das Schuljahr neigt sich hier also langsam aber sicher dem Ende zu und im April wird sich mein ganzer Alltag hier wohl nochmals völlig verändern. Die Klasse werde ich zwar im Gegensatz zu einigen andern Austauschschülern nicht wechseln, aber der Stundenplan und meine ganzen Trainingszeiten im Kendo werden nochmals neu bestimmt werden. Wahrscheinlich werden auch einige Neulinge dem Klub beitreten, was mir hoffentlich die Gelegenheit geben wird, ein paar neue Freundschaften zu knüpfen. :)

Wie wohl überall auf der Welt, verheisst das Ende des Schuljahres aber auch hier vor allem eins: eine Menge Tests. Für die Austauschschüler an meiner Schule bedeutet das übersetzt nichts weiteres als tägliche Japanisch-Sonderlektionen und viele freie Nachmittage.

Ich selbst habe wie immer bei Englisch und Französisch mitgemacht, aber diesmal stand auch - als persönliche Herausforderung eben - ein Test auf Japanisch auf dem Programm. Das Resultat steht zwar noch nicht fest, aber ich bin mir jetzt schon ziemlich sicher, dass es nicht gerade berauschend sein wird... Das wirklich Tragische dabei ist wahrscheinlich, dass ich zwar die Fragen alle verstanden habe, aber trotzdem keine Antwort geben konnte... Na ja, immerhin habe ich es versucht. Und es war auf jeden Fall ziemlich witzig dabei zuzusehen, wie meine ganze Klasse während dem Test fast nur geschlafen hat... Die spinnen, die Japaner! ;)

Als am Freitag die letzten Prüfungen vorbei waren, war ich wie alle ziemlich erleichtert. Nicht, weil ich diese Woche wirklich unter Stress gestanden hätte, sondern vielmehr weil keine Prüfungen mir wieder mehr Zeit lassen, mich mit meinen Freunden zu treffen.

Obwohl ich am Wochenende normalerweise keine Lektionen habe, ging ich diesen Samstag trotzdem zur Schule, um die Abschlusszeremonie der diesjährigen 3. Klässler (bei uns 6. Klässler) anzusehen. Die Zeremonie dauerte zwar sehr lange, war für mich aber trotzdem ziemlich interessant, weil sie fast vollständig in "altjapanischem Stil" gehalten wurde. Anschliessend verabschiedete ich mich mit ein paar Freunden zusammen von den Senpai. Senpai (先輩、せんぱい) ist die japanische Bezeichnung für Schüler, die sich in einer höheren Klasse befinden als man selbst und deshalb auch mehr Erfahrung besitzen; die "Grösseren" quasi. Natürlich gibt es auch die Koohai (後輩、こうはい), also diejenigen, welche unter einem stehen. Diese Begriffe werden in Japan nicht nur in der Schule verwendet, sondern auch am Arbeitsplatz oder in Vereinen. Dabei sind die Rollen klar verteilt: Als Senpai steht man in allen Bereichen auf jeden Fall über dem Koohai. Das heisst, dass der Koohai sich mit dem Senpai nur in höflicher Sprache unterhält, um damit seinen Respekt auszudrücken. Gleichzeitig ist aber auch der Senpai verpflichtet, sich um den Koohai zu kümmern und ihm mit Rat und Tat zur Seite zu stehen.

Nach der Abschlusszeremonie, bei der natürlich auch einige Tränen geflossen sind, ging ich auf direktem Weg zum Bahnhof, wo ich mich mit einer guten Freundin traf. Sie ist die zweite Austauschschülerin meiner Organisation in Sendai und kommt aus Belgien. Weil sie am Samstag Geburtstag hatte, lud sie mich dazu ein, gemeinsam mit ihrer Gastfamilie zur Feier des Tages in ein Restaurant essen zu gehen. Nachdem wir in der Nähe des Bahnhofs noch einige Purikura (=japanischer Fotokasten) geschossen hatten, holte uns ihre Gastmutter ab. Gemeinsam ging es in einen Stadtteil von Sendai, in dem ich noch nie zuvor gewesen war; eine eher dünn besiedelte Gegend, von der aus man aber einen wunderschönen Ausblick auf die umliegenden Berge hatte.

Gegessen wurde in einem Pizza-Restaurant ganz in der Nähe. Für mich persönlich war das schon ein kleines Highlight: Ich kann die Momente, in denen ich hier in Japan schon Pizza gegessen habe, nämlich fast an einer einzigen Hand abzählen - von Pommes oder saftigen Steaks will ich hier gar nicht erst anfangen... ;)

Der Abend verlief wunderbar; ich hatte enorm viel Spass mit meiner Freundin und ihrer Gastfamilie und realisierte wieder einmal mehr, wie sehr ich Japan vermissen werde, wenn ich wieder zurück bin. Um ehrlich zu sein macht mir der Gedanke beinahe etwas Angst. Es sind zwar immer noch ein bisschen mehr als 4 Monate übrig, aber wenn die so schnell vergehen wie das letzte halbe Jahr, bin ich wohl freuher wieder in der Schweiz, als mir lieb ist... Es ist nicht nur Japan selbst, das ich vermissen werde, nicht nur all die wunderbaren Menschen, die ich hier kennengelernt habe und diese fremde Kultur, die zu einem Teil doch irgendwie meine eigene geworden ist - es ist alles: Dieses Gefühl von Abenteuer, wenn man fremde Orte erkundet, die Aufregung, wenn man sich mit neuen Menschen unterhält, die Panik, wenn man vor scheinbar unlösbare Herausforderungen gestellt wird und die anschliessende Genugtuung, wenn man sie doch irgendwie gemeistert hat. All die schönen Momente, all die traurigen Moment, all die Höhen und Tiefen - einfach alles, was zu meinem Leben hier so dazu gehört.

Doch daran will ich jetzt eigentlich noch gar nicht denken. Noch bin ich ja immer noch hier, noch blieben mir etwas mehr als 4 Monate, um jeden einzelnen Tag meines Austauschlebens geniessen zu können. Und wenn dann der Abschied kommt, werde ich hoffentlich mit einem Lächeln auf dem Gesicht an all meine Erlebnisse hier zurückdenken und sagen können: "Ja, ich komme wieder." :)

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