Gastfamilienwechsel (nun aber doch)

Es fällt mir schwer zu glauben, dass ich bereits seit über einem Monat keinen Blogeintrag mehr geschrieben habe. Ich wünschte, ich könnte sagen, dass ich einfach mit der Schule zu beschäftigt oder schlichtweg zu faul zum Schreiben gewesen sei - aber das wäre eine Lüge. Die Wahrheit ist um einiges komplizierter und verstrickter als ihr euch das jetzt vielleicht vorstellen könnt. In den letzten Wochen ist so viel passiert, dass ich mich tatsächlich erst heute zum Schreiben überwinden konnte. Eigentlich hatte ich immer gehofft, dass mir ein Blogeintrag wie dieser erspart bleiben würde; aber die Dinge laufen doch eher selten so, wie man sich das manchmal erhofft.

Was um alles in der Welt ist also passiert?
Eine gute Frage, auf die ich keine wirkliche Antwort habe.

Es ist viel passiert, vielmehr, als ich mir je hätte erdenken können; viel zu viel, um es überhaupt richtig realisieren zu können. Ich habe für ein paar Wochen den Boden unter den Füssen verloren, nur um mich dann wieder mühselig zum Gipfel des Berges hochzuraffen. Die Dinge haben sich verändert. Ich habe mich verändert.

Wenn ich nun zurückblicke, kommt es mir vor, als wäre ich, bevor das alles geschehen ist, ein völlig anderer Mensch gewesen. Klingt das seltsam? Vielleicht. Ich weiss nicht. Es ist, als hätte jemand in meinem Hirn einen Schalter umgelegt und damit meine ganze Welt auf den Kopf gestellt. Es kam plötzlich, unerwartet, ohne, dass ich mich überhaupt hätte dagegen wehren können.

Beinahe 3 Wochen ist das alles nun schon her. Es war ein Dienstag, ein fast ironisch unspektakulärer Tag verglichen mit den andern Tagen meiner Schulwoche. Ich kam etwas später nach Hause als üblich, weil ich zuvor noch kurz auf der Post ein Paket abgeschickt hatte. Als ich die Tür öffnete, bemerkte ich sofort, dass etwas nicht stimmte. Das Wohnzimmer sah aus, als wäre es gerade von einem Einbrecher durchwühlt worden. Auf dem Boden lagen nasse Tücher und zerquetschte Kissen; die Möbel waren alle seltsam zur Seite geschoben und in einer Ecke des Zimmers konnte ich eine umgekippte Tasse Tee erkennen. Bevor ich überhaupt Zeit hatte mich zu fragen, was vorgefallen war, stürzte auch schon mein Gastbruder die Treppe hinunter.

"Evi!", rief er, seine Stimme zitterte.

"Was ist los?", fragte ich.

"Hast du den Krankenwagen vorhin gesehen?"
Ich nickte langsam, während mich ein ungutes Gefühl beschlich.

"Ja..."

Für eine Weile herrschte Stille, dann erklärte mir mein Gastbruder, dass sich soeben meine Gastschwester in diesem Krankenwagen befinden würde und auf dem Weg ins Spital sei.

So begann die Sache.

Nur wenig später erreichte mich das Telefon meiner Chapterpräsidentin, die mir sagte, dass ich vorübergehend zu ihr ziehen würde, bis sich der Zustand meiner Gastschwester verbessert habe. Innerhalb von einer Stunde packte ich also das Nötigste zusammen und ging, nicht wissend, dass ich nie wieder hierhin zurückkehren würde.

Am Freitag wurde beschlossen, dass ich die Gastfamilie wechseln würde.

Am Samstag holte ich mein Gepäck ab.

Eine gute Woche später war ich bereits bei meiner neuen Familie eingezogen.

Tja, und nun sitze ich hier, und schreibe diesen Blogeintrag, und frage mich immer noch, wie das alles hatte passieren können. Die letzten Wochen waren nicht ganz einfach für mich, aber jetzt geht es mir endlich besser. So traurig die ganze Sache auch ist: Ich beginne immer mehr und mehr zu glauben, dass das Ganze vielleicht eine Chance sein könnte. Ich habe viel geweint seit das alles passiert ist, aber ich habe auch ebensoviel gelacht. Die Zeit im Haus der Chapterpräsidentin haben mich ihr und ihrer Familie unglaublich nahe gebracht und ich bin unglaublich froh darüber, diese Zeit mir ihr verbracht zu haben. Meine neue Gastfamilie besteht aus den wohl herzlichsten und offensten Menschen, die ich mir je für diese letzten 2 Monate hier hätte wünschen lönnen, und es kommt mir vor, als wäre ich schon seit Ewigkeiten hier. Natürlich ist es nicht immer ganz einfach zu akzeptieren, was geschehen ist, aber ich kann es nunmal nicht ändern. Im Moment versuche ich einfach das Beste daraus zu machen und nach vorne zu blicken - was geschehen ist, ist geschehen. Nichts hält für immer und nichts ist unzerstörbar. So ist das eben in einem Austauschjahr, und so ist es wahrscheinlich auch im Leben. 

Ich weiss nicht genau, wie es von nun an weitergehen wird, aber ich hoffe einfach das Beste für meine restliche Zeit hier und versuche diese so gut wie möglich zu nutzen. Viel ist davon ja wirklich nicht mehr übrig... Aber daran will ich jetzt noch gar nicht denken. Im Moment bin ich ja immer noch hier. Und das ist alles, was für mich zählt. :)

Kommentar schreiben

Kommentare: 0